Alternativen zu Regelschulen?

Montessori und Waldorf: Alternativen zu Regelschulen?

11.07.2022

10 min

Annika Huber

Auf einen Blick

  • Neben den Regelschulen in Form von Gesamt, Haupt- und Realschulen, sowie Gymnasien gibt es auch alternative Schulformen, meistens in Form von Privatschulen.
  • Die zwei bekanntesten Schulformen dieser Art sind Waldorf und Montessori Schulen. Der Unterschied zu Regelschulen liegt in einer anderen pädagogischen Herangehensweise, beispielsweise gibt es bis zu einer gewissen Klassenstufe keine Textzeugnisse.
  • Bei Untersuchungen wird den alternativen Schulformen eine bessere persönliche Entwicklung der Schüler:innen attestiert 
  • Als Kritik wird in beiden Fällen eine fehlende Wissenschaftlichkeit der zugrundeliegenden pädagogischen Theorien genannt. Des weiteren hat der Begründer der Waldorfpädagogik, Rudolf Steiner, in seinen Texten auch rassetheoretische Ansätze vertreten.
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“Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir”-
Obwohl meine Schulzeit nun doch schon ein paar Jahre zurückliegt, muss ich in meinem aktuellen Alltag immer wieder an diesen Satz denken. Ein Satz, der wohl jeder dutzende Male von seinen Eltern oder Lehrer:innen gehört hat. Immer wieder Stelle ich mir die Frage, was ich in der Schule für das Leben gelernt habe.
Ich selbst habe wohl den klassischsten Bildungsweg durchlaufen den man sich vorstellen kann. Kindergarten, Grundschule und im Anschluss Abitur an einem staatlichen Gymnasium.

Doch gerade dieser geradlinige, doch eher konservative Bildungsweg wird in den letzten Jahren immer wieder in Frage gestellt. Kritiker:innen sind der Ansicht Schüler:innen werden zu stark nach schulischen Leistungen bewertet und nicht individuell  gefördert. Wichtige erzieherische Elemente blieben hierbei auf der Strecke. Aus den verschiedensten Gründen entscheiden sich daher immer mehr Eltern oder die Kinder selbst, ihren Abschluss durch einen alternativen Bildungsweg zu erlangen. Die gängigsten  Schulmodelle sind hier beispielsweise  Waldorf-, Montessori- oder Freinetschulen . Zwar sind diese Schulformen den meisten Menschen ein Begriff, doch was wirklich dahinter steckt ist den wenigsten bekannt. Tanzt man in einer Waldorfschule wirklich seinen Namen? Kommen die Kinder später mit dem regulären Leistungsdruck in unsere Gesellschaft klar ? Was unterscheidet das Modell überhaupt genau von dem klassischen Bildungsweg ? 

Im Folgenden Artikel wollen wir euch ein bisschen mehr über diese Schulformen berichten, Vorurteile aus der Welt schaffen und aufzeigen, wo die Stärken und Schwächen dieser Ansätz liegen: 

Die verschiedenen Schulformen und ihre Vor- und Nachteile

Die Waldorfschulen sind vielen Leuten ein Begriff, abgesehen vom Tanzen des eigenen Namens kennen aber die Meisten die tatsächlichen Unterschiede zu “normalen” Schule nicht. Ähnliches gilt für Montessori Schulen. Die wichtigsten Merkmale werden im Anschluss erläutert.

Die Waldorfpädagogik beruht auf der anthroposophischen Menschenkunde von Rudolf Steiner. Diese ist eine Weltanschauung, welche sich besonders auf die Entwicklung eines Menschen fokussiert und von spirituellen und esoterischen Elementen geprägt ist. Daher ist ein Vorwurf an die Anthroposophie und die Waldorfpädagogik eine fehlende Wissenschaftlichkeit. Desweiteren gibt es Kritik an den Texten Steiners, die teilweise rassentheoretische Ansätze enthalten. Es muss allerdings beachtet werden, dass an Waldorfschulen nicht immer alle Ideen von Steiner Anwendung finden. Die Ausgestaltung der Schule und des Unterrichtes wird maßgeblich durch die Lehrer und Eltern bestimmt, wodurch Ansätze verworfen werden können, die nicht als sinnvoll erachtet werden und Fördernde hinzugefügt werden. In der Praxis gibt es allerdings schon eine allgemein stärkere Tendenz zu esoterischem Denken, die teilweise einen negativen Einfluss auf die pädagogischen Entscheidungen haben kann. Zusätzlich müssen die Lehrkräfte keinen Hochschulabschluss haben und werden schlechter bezahlt, wodurch die Qualität der Lehre tendenziell sinkt.

Der Fokus der Waldorfschulen liegt im Vergleich zum aktuellen staatlichen Schulsystem sehr viel stärker auf Förderung und Entwicklung, als auf Auslese. Waldorfschulen sind zum Beispiel immer Gesamtschulen, Kinder unterschiedlicher Leistungsgrade lernen in Klassen zusammen und sollen sich gegenseitig unterstützen. Daher gibt es ebenfalls kein Sitzenbleiben, wodurch die Klassen über die Schulzeit hinweg gleich bleiben und ein stärkerer Zusammenhalt entsteht. Klassenlehrer*innen bleiben ebenfalls die ersten 8 Jahre gleich und haben im Vergleich zu Regelschulen häufiger Unterricht mit den Schüler*innen (~ 2 Stunden am Tag). Klassenlehrer*innen sind hier Generalisten, sie lehren in Blöcken verschiedene Fächer (Deutsch, Mathe, Sachkunde etc.). Dadurch entsteht eine sehr enge Bindung zwischen den Lehrern und Schülern. Daneben gibt es auch noch Fachunterricht wie bspw. Fremdsprachen. In der Oberstufe ändert sich das dann wiederum etwas, der Unterricht wird vermehrt von Fachlehrer*innen gegeben.

Auch bei der Auswahl der Fächer gibt es Unterschiede, so gibt es neben dem typischen sachbezogenen Unterricht mehr künstlerische Unterrichtsfächer, die die Entfaltung der Schüler*innen fördern sollen. Bis zur Oberstufe werden des weiteren keine Noten vergeben, sondern Textzeugnisse ausgestellt, welche den Fortschritt des Schülers festhalten und Anreize zum weiterlernen schaffen sollen. 

Die zweite sehr bekannte alternative Schulform ist die Montessori Schule. Diese beruht auf den Ideen von Maria Montessori. Die Grundlage der Montessori Pädagogik ist die Idee, dass Kinder am besten in ihrer eigenen Geschwindigkeit lernen und sowohl Strafe als auch Belohnung hinderlich sind. Das Ziel ist es, dass Kind zu beobachten und dadurch eine möglichst gute Umgebung zum freien Entfalten der eigenen Interessen für das Kind zu schaffen. Gegenüber der zugrundeliegenden pädagogischen Theorie gibt es, wie bei der Waldorfpädagogik auch, den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit. Die Theorien seien nicht wissenschaftlich fundiert und einige Annahmen sehr altbacken. 

Insgesamt sind Montessori Schulen von Freiwilligkeit geprägt, es gibt zumindest in den unteren Klassen keine festen Vorgaben im Bezug auf den Unterricht bzw. die Beschäftigung der Kinder während der Schulzeit. Die Kinder können sich in einem bestimmten Rahmen selber ihre Aufgaben aussuchen. 

Bei der praktischen Umsetzung gibt es auch einige Parallelen zur Waldorfpädagogik, so gibt es auch in Montessori Schulen bis zu einer gewissen Stufe keine Noten, sondern Textzeugnisse.

Wie schneiden die einzelnen Schulformen ab?

Im Bezug auf den Vergleich zwischen Regelschulen alternativen Schulformen gibt es Untersuchungen, die sich damit beschäftigen, welche Schulform nun in bestimmten Punkten besser ist. Besonders im Bereich der persönlichen Entwicklung und des Wohlbefinden schneiden die alternativen Schulformen besser ab. Bei den Abschlussnoten gibt es wiederum kein signifikaten Unterschiede zwischen den beiden Schulformen. Selbst wenn also den zugrundeliegenden Theorien teilweise die Wissenschaftlichkeit abgesprochen wird, so gibt es wohl doch Bestandteile der Pädagogiken, die sinnvoll und zielführend sind. 

Neben den bekannteren alternativen Schulmodellen, die wir euch gerade vorgestellt haben, gibt es auch noch viele weitere, die beispielsweise im Ausland stark im Trend sind. 

Freinet-Schulen sind vor allem in  romanischen Ländern stark verbreitet, bei uns hingegen noch relativ selten- derzeit gibt es circa 20 Schulen von diesem Konzept in Deutschland. Das Konzept geht dabei auf den französischen Pädagogen Celestin Freinet zurück, der in den 1920 das alternative Bildungskonzept entwickelt hat. Heutzutage arbeiten nicht nur Schulen mit diesem Konzept, sondern auch Kindergärten und Tagesstätten. Freinetschulen verfolgen primär vier zentrale Ziele: freie Persönlichkeitsentfaltung, Kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt, Selbstverantwortlichkeit und Verantwortungsbewusstsein. Die Freinetklassen setzen auf selbstbestimmten Schüleruntericht -Frontaluntericht werden durch selbständiges Arbeiten und Exkursionen ersetzt.  So kann es sein, dass sich verschiedene Schüler:innen aus der gleichen Klasse komplett unterschiedliche Schwerpunkte legen und sich mit verschiedenen Themen beschäftigen. 

Weiter Schulformen, die immer bekannter werden sind beispielsweise Jenaplan-Schulen, Club-of-Rome-Schulen und Demokratische Schulen. Falls ihr euch dafür interessiert, schaut doch einfach mal ob es diese Schulformen auch bei euch in der Region gibt. 

Fazit

Sowohl Waldorf,- Montessori und  Freinetschulen unterscheiden sich stark von den klassischen Bildungskonzepten.  Obwohl es Kritikpunkte, bestimmt auch nicht unberechtigt,  an den alternativen Schulmodellen bzw. deren theoretischen Grundlagen gibt, gibt es eben auch einige Vorteile. Diese positiven Aspekte könnten auch an Regelschulen verstärkt beachtet und umgesetzt werden. Ich persönlich sehe es als eine große Bereicherung, dass bei allen drei Schulformen die Schüler:innen mehr Möglichkeiten haben sich frei zu entfalten und ihren Interessen nachzugehen. Ich glaube rückblickend habe ich genau das an meiner Schulzeit am meisten vermisst. Aber was meint ihr dazu ? Wie würde eure perfekte Schulform aussehen ? 

Deutschlandfunk Kultur (2011).
Auf dem „rassistischen Auge fast unbelehrbar“.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/rudolf-steiner-und-die-anhaenger-der-waldorfschule-auf-dem-100.html.
Abgerufen am: 17.05.2022.

Süddeutsche Zeitung (2019).
“Waldorf hat den Charakter einer Sekte”.
https://www.sueddeutsche.de/bildung/100-jahre-waldorfschule-erfahrung-kritik-1.4588339.
Abgerufen am: 18.05.2022.

Bund der freien Waldorfschulen (N.A.).
Was will Waldorfpädagogik?.
https://www.waldorfschule.de/fileadmin/downloads/artikel/Was_will_Waldorfpaedagogik.pdf.
Abgerufen am: 01.05.2022.

 Hufnagel, Erwin (1990).
Der Wissenschaftscharakter der Pädagogik.
Würzburg 1990.

Welt (2012).
Namen tanzen, fit in Mathe:Waldorf im Vorteil.
https://www.welt.de/wissenschaft/article109484661/Namen-tanzen-fit-in-Mathe-Waldorf-im-Vorteil.html.
Abgerufen am: 01.05.2022.

Süddeutsche Zeitung (2012).
Forscher loben alternative Pädagogik.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/montessori-schulen-forscher-loben-alternative-paedagogik-1.909894.
Abgerufen am: 01.05.2022.

Bundesverband für Freinetpädogogen in Deutschland. (2021).
https://freinet-kooperative.de/grundlagen/einfuehrung/biographie-celestin-freinet/.
Abgerufen am: 01.05.2022.

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