Koalitionsvertrag Klimaschutz

Wie viel Klimaschutz steckt im Koalitionsvertrag

18.04.2022

10 min

Auf einen Blick

  • SPD, Grüne und FDP möchten bis 2030 aus der Kohlekraft aussteigen. In diesem Jahr sollen außerdem 80 % der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Ein besondere Fokus liegt dabei auf grünem Wasserstoff, der aufgrund seiner Umweltfreundlichkeit oft auch als “Treibstoff der Zukunft” bezeichnet wird.
  • Den Verkehr möchte die Bundesregierung hauptsächlich auf die Schienen verlegen: Der Schienengüterverkehr und der ÖPNV sollen stärker ausgebaut und gefördert werden. 
  • Auch in der Landwirtschaft soll sich einiges verändern. Bis 2030 sollen etwa ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen umweltfreundlich genutzt werden, also zum Beispiel ohne den Einsatz von aggressiven Pflanzenschutzmitteln.
  • Global möchte sich die Bundesregierung stärker für eine internationale Zusammenarbeit einsetzen und die Gründung von sogenannten Klimapartnerschaften voranbringen. 
  • Diese Ziele will die Koalition in einer “sozial-ökologische Marktwirtschaft” umsetzen, das heißt wirtschaftliche (ökonomische) Entwicklung und (ökologische) Umweltverantwortung sollen miteinander in Einklang gebracht werden. 

Die vergangene Bundestagswahl wurde vielfach als “Klimawahl” bezeichnet. Viele Aktivist:innen hatten die Hoffnung, dass 2021 das Jahr des Aufbruchs hin zu einer klimagerechteren Gesellschaft sein würde. Besonders die Grünen haben im Wahlkampf sehr für nachhaltige Lösungen gekämpft. Doch wie viel Klimaschutz steckt nun wirklich im neuen Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP?

Im Allgemeinen

Die Bundesregierung hat ein ganzes Kapitel ihrer Vorstellung von einer “sozial-ökologischen Marktwirtschaft” gewidmet, immerhin fast 20 % des gesamten Koalitionsvertrags! Die “sozial-ökologische Marktwirtschaft” bedeutet, dass wirtschaftliche (ökonomische) Entwicklung und (ökologische) Umweltverantwortung zusammengedacht werden sollen. Dabei will sich die Koalition an den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientieren. Diese sogenannten “Sustainable Development Goals” (SDGs) sollen weltweit dabei helfen, eine wirtschaftlich, soziale und nachhaltige Entwicklung zu erreichen, es geht also nicht nur um Klimaschutz (S. 24). 

Es soll der Dialog mit Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden gesucht werden, um gemeinsam Rahmenbedingungen für Veränderungen auszuhandeln. Die Bundesregierung sieht auch eine Chance darin, den Industriestandort Deutschland zu stärken: Neue Geschäftsmodelle, Technologien und Innovationen sollen stärker gefördert werden. 

Erneuerbare Energien und Wasserstoff

Oberste Priorität bei den unterschiedlichen Maßnahmen der Bundesregierung hat das sogenannte 1,5 Grad Ziel, d.h den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen (S. 54). Um dies zu erreichen, wollen SPD, Grüne und FDP bis 2030 aus der Kohlekraft aussteigen. Bis zu diesem Jahr sollen 80 % der Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Diese sollen dezentral ausgebaut werden, um eine flächendeckende Energieversorgung sicherzustellen. Beispielsweise sollen “alle geeigneten Dachflächen künftig für die Solarenergie genutzt werden.” Bei gewerblichen Neubauten soll dies sogar verpflichtend sein. Auch die Wind- und Wasserenergie soll weiter gefördert werden (S. 58 f.). 

Einen besonderen Fokus möchte die Ampelkoalition auf grünen Wasserstoff legen. Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern ein Träger von Energie, in etwa vergleichbar mit Strom. Wasserstoff muss erst erzeugt werden, zum Beispiel durch erneuerbare Energien, aber auch durch Atomkraft. Das Gas ist farblos, wird aber je nach Herstellungsverfahren mit einer Farbe bezeichnet: “Grün” ist nur der Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Grüner Wasserstoff ist daher am umweltfreundlichsten und wird als “Treibstoff der Zukunft” bezeichnet. Kritiker:innen sagen aber, dass grüner Wasserstoff nur dann wirklich nachhaltig ist, wenn es Ökostrom im Überfluss gäbe. Die deutsche Produktion von grünem Wasserstoff ist noch gering, deswegen müssten zunächst die Leitungsnetze ausgebaut und grüner Wasserstoff importiert werden. Auf europäischer Ebene möchten sich SPD, Grüne und FDP für eine einheitliche Zertifizierung und Investitionen einsetzen, um einen deutschen Leitmarkt für grünen Wasserstoff zu schaffen (S. 59f.). 

Verkehrswende: Bahn und E-Autos

Auch die Mobilität und die Verkehrswende spielen eine wichtige Rolle, um den CO2- Ausstoß zu minimieren. Die Bundesregierung will hier besonders in den Schienenverkehr investieren: Der Schienengüterverkehr soll bis 2030 auf 25 % angehoben und der Personenverkehr soll sogar verdoppelt werden. 

Um auch das Reisen innerhalb der EU leichter zugänglich zu machen, soll der grenzübergreifende Verkehr und besonders die Nachtzüge ausgebaut werden. Neben dem Fernverkehrsnetzen, soll auch der ÖPNV im ländlichen Raum gestärkt und modernisiert werden. 

Da viele trotz alledem auf ihr Auto angewiesen sind, hat die Bundesregierung auch hier einige Vorhaben. Um die vielen Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie  zu sichern, möchten SPD, Grüne und FDP den Transformationsprozess in diesem Bereich begleiten und unterstützen. Das Ziel ist es, besonders die Elektromobilität voranzubringen: Bis 2030 soll es bundesweit ausreichend Ladesäulen geben, sodass man dort genauso einfach Strom tanken kann wie Benzin. Gemäß des Vorschlages der Europäischen Union sollen in Europa ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden (S. 50ff.) 

Artenvielfalt und Landwirtschaft

Ein weiteres wichtiges Ziel der Bundesregierung ist es, die Artenvielfalt unseres Planeten zu erhalten. Natur- und Klimaschutz sollen stärker zusammengedacht werden und Rückzugsräume wie Wälder, Moore und Grünfläche besser geschützt werden. Hier sollen beispielsweise verstärkt Schutzgebiete für Tiere entstehen, um das Artensterben aufzuhalten. Insbesondere sollen jene Arten geschützt werden, die durch den Ausbau von erneuerbaren Energien verstärkt gefährdet sind (S. 36f.) 

Auch landwirtschaftliche Betriebe sollen klimaneutral umgebaut werden und dafür Geld vom Staat erhalten. Die Emissionen sollen heruntergefahren werden, d.h. die berühmten “pupsenden Kühe” sollen das Klima künftig weniger stark negativ beeinflussen. Bis 2030 sollen etwa ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Flächen umweltfreundlich genutzt werden, also zum Beispiel ohne den Einsatz von aggressiven Pflanzenschutzmittel. Die Koalition möchte klimarobuste, d.h. weniger witterungsanfällige, Pflanzen und vegane Lebensmittelalternativen stärken (S. 43f.). 

Klimaaußenpolitik

Die Bundesregierung möchte sich im Rahmen des Pariser Klimaabkommen stärker für eine internationale Zusammenarbeit einsetzen und die Gründung von sogenannten Klimapartnerschaften voranbringen. Zusätzlich möchten sich SPD, Grüne und FDP für ein globales Emissionshandelssystem einsetzen, das langfristig zu einem einheitlichen CO2-Preis führt. Mehr zu diesem Thema findest du in einem weiteren Artikel von uns, der sich detailliert mit der Klimaaußenpolitik beschäftigt (S. 63f.). 

Zusammengefasst

Wie ihr seht, hat sich die Bundesregierung hohe Ziele im Bereich des Klimaschutzes gesetzt, doch für einige sind diese Ziele noch nicht ambitioniert genug. Was meint ihr? Um euch einen detaillierten Einblick in das Thema zu verschaffen, werft doch gerne selbst mal einen Blick in den Koalitionsvertrag, da wir euch natürlich nur einen Ausschnitt vorstellen konnten. Unabhängig von den Zielen und Vorhaben der Bundesregierung, kann jeder seinen eigenen Beitrag für eine nachhaltige und klimafreundliche Zukunft leisten. Wie auch ihr euch engagieren und einbringen könnt, erfahrt ihr einem unsere nächsten Artikel. Also seid gespannt!

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