europäische Emissionshandel

Wie funktioniert der europäische Emissionshandel?

11.04.2022

7 min

Carla Schneider 

Auf einen Blick

  • Der europäische Emissionshandel ist ein einzigartiger Handel, der den Ausstoß klimaschädlicher Stoffe innerhalb der EU reguliert
  • Unternehmen müssen Zertifikate erwerben und handeln, um Emissionen verursachen zu dürfen.
  • Durch eine Verknappung des Angebotes und die fortlaufende Erhöhung des Preises von Emissionen sollen Anreize geschaffen werden, durch Nutzung neuer Technologien und alternativer Methoden künftig weniger Emissionen zu verursachen.
  • Das System wurde häufig dafür kritisiert, nicht ambitioniert genug zu sein und zu viele Zertifikate für einen zu niedrigen Preis zu vergeben.

Seit 2005 gibt es den EU-Emissionshandel. Dieser ist das wichtigste Instrument der Klimaschutzpolitik der EU. Ziel des Emissionshandels ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen in der Energiewirtschaft, der energieintensiven Industrie und im Luftverkehr zu reduzieren und die Kosten dafür möglichst gering zu halten. Neben den 27 Mitgliedstaaten der EU nehmen außerdem noch Norwegen, Island und Liechtenstein an dem Emissionshandel teil. Doch wie funktioniert der Emissionshandel? Und kann er wirklich helfen, Emissionen zu vermindern und so gegen den Klimawandel anzugehen? Was sind die Vor- und Nachteile eines solchen Systems?

Wie kam es zum Europäischen Emissionshandel?

In verschiedenen internationalen Klimaabkommen wie dem Kyoto-Protokoll (1997) sowie später auch dem Pariser Abkommen (2015) hat sich die EU dazu verpflichtet, die Treibhausgase stark zu reduzieren, um dem globalen Klimawandel entgegenzuwirken. Da die Bekämpfung des Klimawandels schwierig ist, wenn jedes Land nur für sich wirtschaftet, war eine grenzüberschreitende, gemeinsame Lösung nötig. Daher haben sich die Staaten der EU im Jahre 2003 auf ein gemeinsames Programm für den Klimaschutz geeinigt (European Climate Change Programme).

Der Emissionshandel lässt sich in verschiedene Phasen, auch Handelsperioden genannt, einteilen. Während in den ersten beiden Handelsperioden (2005 bis 2007 bzw. 2008 bis 2012) noch Obergrenzen auf nationaler Ebene festgelegt wurden, existiert für die dritte Handelsperiode ein EU-weites jährliches Gesamtbudget an Emissionszertifikaten. Der Emissionshandel beschränkte sich ursprünglich auf die Stromerzeugung sowie Industriezweige wie Kohle oder Stahl. Seit 2012 ist auch der europäische Luftverkehr im Emissionshandel einbezogen. Dabei sind alle Flüge, die ihren Start und Landung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes haben, berücksichtigt. Momentan befindet sich der europäische Emissionshandel in der sogenannten vierten Handelsperiode (2021-2030). 

Der europäische Emissionshandel ist einzigartig, da er sowohl der erste grenzüberschreitende, als auch der weltweit größte Emissionsrechtehandel ist. Er wird daher von vielen auch als Modell und Experiment für ein mögliches globales System gesehen.

Wie funktioniert der europäische Emissionshandel?

Der EU-Emissionshandel umfasst momentan über 40 % aller europäischen Treibhausgasemissionen, insbesondere Kohlendioxid (CO2) und Methan. Das System basiert auf einfachen marktwirtschaftlichen Mechanismen: Unternehmen, die Emissionen produzieren, müssen für jede Tonne dieser Emissionen ein Zertifikat vorlegen, welches ihnen den Ausstoß erlaubt. Diese Zertifikate sind durch eine Obergrenze („Cap“) begrenzt und werden pro Jahr verteilt.

Ein Teil der Zertifikate wird verschiedenen Unternehmen kostenlos zugeteilt, ein anderer Teil wird versteigert. Grundsätzlich sind die Zertifikate aber handelbar: Wenn ein Unternehmen weniger Emissionen verursacht und noch Zertifikate übrig hat, kann es diese an andere Teilnehmer verkaufen. Durch den Handel der Zertifikate ergibt sich ein Preis für den Ausstoß von Emissionen. So haben Unternehmen einen wirtschaftlichen Anreiz, ihre Emissionen zu reduzieren und beispielsweise in emissionsarme Technologien zu investieren. 

Die Zahl der zur Verfügung gestellten Zertifikate nimmt Jahr für Jahr ab, damit die Klimaschutz-Verpflichtungen der EU erreicht werden können.

Kritikpunkte

Die tatsächliche Wirksamkeit des Emissionsrechtehandels ist umstritten. In der Vergangenheit wurde häufig bemängelt, dass die Anzahl der verfügbaren Zertifikate zu hoch sei. Dies führe dazu, dass es oft zu einem Überangebot an nicht genutzten Zertifikaten käme. Studien zeigen, dass die tatsächlichen Emissionen in der Tat  jahrelang unter den theoretisch erlaubten Emissionen lagen. Durch den Überschuss an Zertifikaten ist der Preis der Emissionsberechtigungen zwischen 2011 und 2017 gesunken und es wurde somit günstiger, Emissionen auszustoßen (Umweltbundesamt, 2021). Dadurch wurde das eigentliche Ziel des Systems natürlich verfehlt. Es wurden aber verschiedene Maßnahmen beschlossen, um den Überschuss einzudämmen. 2017 gab es eine Reform des Systems, wodurch Zertifikate auch nachträglich gelöscht werden können. Seitdem sind die Preise für den Ausstoß von Emissionen auch wieder gestiegen. 

Zukunft des (europäischen) Emissionshandels?

Nach Angaben des Umweltbundesamtes (2021) sind seit Einführung des europäischen Emissionshandels 2005 die von dem Handel berücksichtigten Emissionen um 43 % zurückgegangen. Dafür sind hauptsächlich Rückgänge der Emissionen in der Stromerzeugung verantwortlich. Im Dezember 2020 hat sich die EU darauf geeinigt, die Treibhausgase der EU bis 2030 um 55 % Prozent zu reduzieren (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, N.A.).

Um dies erreichen zu können, wird nun überlegt, ob und wie der europäische Zertifikatehandel auch auf andere Industrien und Sektoren, beispielsweise Transport und Landwirtschaft,  ausgeweitet werden könnte. Wichtig ist der Bundesregierung, dass der Preis für CO2 in Zukunft nicht unter 60 Euro pro Tonne fällt, sondern tendenziell eher steigt. Sollte dies innerhalb des europäischen Systems nicht funktionieren, wird die Bundesregierung auch nationale Maßnahmen und Regulierungen in Betracht ziehen, um die Klimaziele einhalten zu können. 

Dies scheint aber nicht nötig zu sein. Momentan liegt der europäische Preis bei knapp 80 Euro pro Tonne (Trading Economics, 2022). In ihrem Koalitionsvertrag(2021) bekennt sich die Ampel-Koalition außerdem zu folgendem Ziel: „Wir streben ein globales Emissionshandelssystem an, das mittelfristig zu einem einheitlichen CO2-Preis führt.”

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (N.A.). EU-Klimaschutzpolitik. Abgerufen am 19. März 2022 unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/klimaschutz-eu-klimaschutzpolitik.html

 

SPD (2021). Koalitionsvertrag 2021: Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Abgerufen am 18. März 2022 unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf


Trading Economics (2022).
EU Carbon Permits. Abgerufen am 19. März 2022 unter https://tradingeconomics.com/commodity/carbon 

Umweltbundesamt (2021). Der Europäische Emissionshandel. Abgerufen am 18. März 2022 unter https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/der-europaeische-emissionshandel#entwicklung-der-treibhausgas-emissionen-im-eu-ets 

WWF (2021). EU-Emissionshandel. Abgerufen am 19. März 2022 unter https://www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/klimaschutz-und-energiewende-in-europa/eu-emissionshandel

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