Was ist der „European Green Deal“?

15.03.2022

 8 min

Andrea Behrent

Auf einen Blick

  • Der „European Green Deal“ wurde 2019 vorgestellt und ist ein Klimaschutzkonzept für die gesamte EU.
  • Das oberste Ziel ist es, die Umwelt auch für zukünftige Generationen zu einem gesunden Lebensraum zu machen. Dazu werden Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen beschlossen.
  • Kritik daran gibt es zum einen von Umweltverbänden. Diese befürchten, dass die Ziele zu niedrig gesteckt sind und die Umsetzung in EU-Richtlinien mangelhaft ist.
  • Industrieverbände fürchten wiederum eine Schwächung des Industriestandortes Deutschland und EU.

Was ist der “European Green Deal”?

“Der ‘European Green Deal’ ist unsere neue Wachstumsstrategie. Er wird uns helfen unsere Emissionen zu senken und gleichzeitig neue Arbeitsplätze zu schaffen.” Mit diesem Satz hat Ursula von der Leyen als Präsidentin der Europäischen Kommission 2019 den ‘European Green Deal’ vorgestellt. Dieser stellt das Klimaschutzkonzept für die EU dar. Das heißt dort sind die Ziele und Maßnahmen der EU im Bereich Klimaschutz festgehalten. Die europäischen Mitgliedsstaaten müssen diese Ziele dann wiederum erreichen. Zusätzlich werden auch Investitionen von Seiten der EU festgelegt. 

Das übergeordnete Ziel ist es, unsere Umwelt auch für zukünftige Generationen zu erhalten und lebenswert zu gestalten. Konkret soll dafür bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden. Das bedeutet, dass ein Gleichgewicht zwischen dem CO²-Ausstoß und der Aufnahme von CO² durch Kohlenstoffsenken, beispielsweise Wälder, besteht
, sodass sich die Menge an Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre nicht erhöht.  Bis 2030 ist wiederum geplant schon 55 % weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Damit einhergehend soll dieser Umbau zu einem wirtschaftliche Vorteil führen in dem klimaverträgliche und damit zukunftssichere Bereiche und Technologien gefördert werden

Um das zu erreichen sind ist geplant über eine Billionen Euro über die nächsten 10 Jahre alleine auf der Seite der EU zu investieren. Zur Relation: wenn diese Summe auf alle 447 Millionen EU-Bürger:innen aufgeteilt werden würde, sind das über 2000€ pro Kopf. Aber in welche Maßnahmen und Ziele fließt dieses Geld?

Eine nachhaltige Gestaltung des Verkehrs

Als erstes wird die nachhaltige Gestaltung des Verkehrs genannt. Hier steht die Reduzierung des Ausstoßes von CO² durch weniger Nutzung und/oder die Nutzung von umweltfreundlichen Kraftstoffen und Antriebsmethoden im Vordergrund. 
Im Bereich des Transportwesens soll in allen Bereichen, also sowohl für Lastwagen als auch für Schiffe und Flugzeuge, der Emissionshandel weiter ausgebaut werden. Für die Emission von CO², also den Ausstoß, müssten Unternehmen dann ein entsprechendes Emissionszertifikat, welches sie zum Ausstoß einer bestimmten Menge an CO² berechtigt, erwerben. Dabei kann auch die verfügbare Gesamtmenge an Zertifikaten und damit die Menge an CO², die insgesamt ausgestoßen werden darf, beschränkt werden.
Im Bereich der PKWs ist die Infrastruktur wiederum der Fokus der Investitionen. Diese muss geschaffen werden um den Umstieg auf umweltfreundlichere Automobile so attraktiv wie möglich zu gestalten.

Ein sauberes Energiesystem

Viele Umweltschutzmaßnahme beinhalten auch die Elektrifizierung bestimmter Bereich, heißt Abläufe, die vorher beispielsweise durch einen Verbrennungsmotor angetrieben wurden, werden dann durch einen Elektromotor angetrieben. Das heißt zum einen, dass tendenziell mehr Strom benötigt wird, aber auch das es sehr wichtig ist, dass dieser Strom auch umweltfreundlich produziert wird. Denn auch jetzt schon produziert die Energieproduktion schon 75% der EU Treibhausemissionen.
Um die Transformation hin zu einem umweltschützenden Energiesystem zu schaffen wurden drei Kernprinzipien festgelegt:
–  Eine sichere und erschwingliche Versorgung mit Energie innerhalb der EU
–  Die Entwicklung eines komplett verbunden, integrierten und digitalisierten Energiemarktes innerhalb der EU
– Die Priorisierung von Energieeffizienz in allen Bereichen und die Entwicklung eines Energiesektors der vor allem auf erneuerbare Energien setzt

Die Sanierung von Gebäuden für eine grüneren Lebensstil

Daran anschließend soll mehr Fokus auf die Verringerung des Energieverbrauchs und die Nutzung erneuerbarer Energien sowohl bei Privathäusern als auch bei öffentlichen Einrichtungen  gesetzt werden. Hier steht die Sanierung von Gebäuden im Zentrum, um durch gute Isolierung weniger Energie für die Heizung oder Kühlung zu verbrauchen, aber auch dezentral erneuerbare Energien zu produzieren. Entsprechende Projekte werden wiederum durch EU-Gelder gefördert.

Der Schutz unseres Planeten und unserer Gesundheit mithilfe der Natur

Zusätzlich kann auch die Natur zur Besserung unserer CO²-Bilanz beitragen. Hier ist geplant Wälder, Böden, Feucht- und Torfgebiete wiederherzustellen. Diese nehmen, wenn sie intakt sind, Kohlenstoff auf und speichern ihn. Die Emissionen, die unbedingt notwendig sind und nicht auf andere Weise verhindert werden können, können so kompensiert werden. In der EU kompensieren die Wälder aktuell schon geschätzt 10% der CO²-Emissionen, der Einfluss ist also nicht zu unterschätzen. Wälder stellen gleichzeitig auch einen Wirtschaftsfaktor dar. Wenn sie kreislauforientiert bewirtschaftet werden, führt das wiederum zur nachhaltigen Schaffung von Arbeitsplätzen und Ressourcen.

Eine faire Umsetzung

Als Letztes muss auch darauf geachtet werden, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht zusätzlich benachteiligt. Eine faire Umsetzung der Maßnahmen wird daher auf verschiedene Weisen unterstützt. Zum einen sollen Bevölkerungsgruppen unterstützt werden, die sich bestimmte Klimaschutzmaßnahmen oder deren Folgen, beispielsweise höhere Energiepreise, nicht leisten können. Unter anderem für diese Unterstützung hat die EU Kommission für die nächsten 7 Jahre 72,2 Millionen € eingeplant

Zusätzlich sollen mindesten 100 Milliarden € in Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeiter in besonders betroffenen Branchen und Bürger:innen in besonders betroffenen Gebieten investiert werden. Der Umbau unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft hin zu einer umweltschützenden Gemeinschaft darf nicht zu mehr sozialer Ungleichheit führen.

Was habe ich konkret davon?

Die Ziele des „European Green Deal“ haben im Zuge ihrer Umsetzung auch einen ganz konkreten Einfluss auf dein alltägliches Leben.
Grundsätzlich führt eine gesunde Umwelt dazu, dass die Lebensqualität der Menschen in ihr steigt. Das Wasser, die Luft und auch das Essen, welches wir zu uns nehmen ist aktuell durch Schadstoffe wie bspw. CO² oder Feinstaub zu einem gewissen Maß belastet. In Zukunft soll diese Belastung stark gesenkt werden, was als Folge hat, dass du weniger Schadstoffe zu dir nimmst und somit gesünder lebst.
Darüber hinaus wird mehr öffentlicher Nahverkehr geschaffen werden, gerade jüngere Generationen nutzen diesen im Vergleich zu anderen Fortbewegungsmitteln sehr viel und profitieren somit besonders. Die Wirtschaft soll krisensicherer und vor allem zukunftsfähiger aufgebaut werden, was auch die Schaffung neuer, nachhaltiger Arbeitsplätze beinhaltet. Und als Letztes werden Anreize und Regularien geschaffen durch die Produzenten ihre Produkte wieder zunehmend mit dem Ziel maximaler Haltbarkeit produzieren, du musst also weniger oft Neue kaufen.

Was sind Kritikpunkte?

Von verschiedenen Seiten wird der „European Green Deal“ aber auch kritisiert. 
Zum einen von den Umweltverbänden. Grundsätzlich begrüßen diese den Schritt eines EU-einheitlichen Klimakonzeptes, allerdings kritisieren sie die Ziele als teilweise zu schwach. So müssten bis 2030 mindestens 65 % der Treibhausgase eingespart werden um das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen
Zum anderen wird mit Blick auf die EU-Taxonomie befürchtet, dass die Umsetzung der Ziele sehr schwach und damit wenig effektiv ausfällt. EU-Taxonomie definiert, ob sich eine wirtschaftliche Investition wirklich nachhaltig nennen darf. Um genau das zu erreichen, muss eine Investition zu mindestens einem von sechs Umweltzielen beitragen. Die EU-Taxonomie listet also Produktionen auf, welche nachweislich klimaverträglich sind. Im Zuge dessen wurden unter großer Kritik auch Erdgas und Atomkraft als nachhaltige Energieträger festgelegt. In dem Kontext wurde auch die Angst geäußert, dass die Umsetzung durch den Einfluss von Lobbyverbänden sehr schwach ausfallen könnte und Ratschläge aus der Wissenschaft zu wenig Beachtung finden würden
Die Automobilindustrie sieht den Green Deal wiederum ebenfalls als grundsätzlich gute Entwicklung an, allerdings müssten auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen um 55 % bis 2030 sei sehr scharf und könnte „zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Belastungen führen und in der Folge die Wettbewerbsfähigkeit Europas gefährden“.

Gerade die Kritikpunkte zeigen, dass es noch viel zu diskutieren gibt, was die konkrete Umsetzung der Ziele angeht. Bei diesen gibt es viel Gestaltungsspielraum, da aktuell vor allem die Ziele und weniger der Weg dahin klar definiert ist. Zusätzlich herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Ziele genau richtig zu stark oder zu schwach sind. 

European Greens (2021): climate neutrality – what does it mean?.
https://europeangreens.eu/climate-action/news-climateneutrality/.

Europäische Kommission (N.A.): climate action and the green deal.
https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/climate-action-and-green-deal_en.


 Europäische Kommission (2020): the european green deal investment plan and just transition mechanism explained.
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_20_24.

Tagesschau (2021): Deutlich höherer Stromverbrauch bis 2030.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/altmaier-stromverbrauch-deutschland-erhoeung-101.html#:~:text=Versch%C3%A4rfte%20Klimaziele%20Deutlich%20h%C3%B6herer%20Stromverbrauch%20bis%202030&text=Wegen%20der%20versch%C3%A4rften%20Klimaziele%20rechnet,sich%20um%20gr%C3%BCnen%20Strom%20handelt.&text=Just%20der%20Klimaschutz%20ist%20%22schuld%22.

Europäische Kommission (N.A.) A clean energy transition.
https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/energy-and-green-deal_en.

European Council (N.A.): 5 facts about the EU´s goal of climate neutrality.
https://www.consilium.europa.eu/en/5-facts-eu-climate-neutrality/.

Europäische Kommission (N.A.): Umsetzung des europäischen Green Deals.
https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/delivering-european-green-deal_de#sanierung-von-gebuden-fr-einen-grneren-lebensstil.

Europäische Kommission (2020): the european green deal investment plan and just transition mechanism explained. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_20_24.

Statista (2019): Umfrage nur Nutzung von Verkehrsmitteln in Deutschland nach Altersgruppen 2017.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/797501/umfrage/nutzung-von-verkehrsmitteln-in-deutschland-nach-altersgruppen/.

Europäische Kommission (N.A.): a european green deal.
https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_en.


Greenpeace (2020): EU-Klimaziel: Um die Klimakrise auf 1,5 Grad zu begrenzen, muss die EU bis 2030 65 Prozent der Treibhausgase senken.
https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/erneuerbare-energien/eu-braucht-starkes-klimaziel.


Tagesschau (2022): Wissenschaftler im Abseits.
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/eu-taxonomie-101.html.

VDA (2020): Verschärfung der EU-Klimaziele verstärkt in Corona-Krise Druck auf die     Automobilindustrie.
https://www.vda.de/de/presse/Pressemeldungen/Versch-rfung-der-EU-Klimaziele-verst-rkt-in-Corona-Krise-Druck-auf-die-Automobilindustrie. 

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