Racial Profiling

16.02.2022

4 min

Auf einen Blick

  • Als Racial Profiling wird eine diskriminierende behördliche Maßnahme bezeichnet, welche sich auf die sichtbaren Merkmale einer Person, wie z. B. die Hautfarbe, bezieht.
  • Aufgrund der fehlenden rechtlichen Definition muss in jeden Fall einzeln entschieden werden.
  • Gerichtsurteile haben die Rechtswidrigkeit von Racial Profiling bestätigt.
  • Die alte sowie die neue Bundesregierung haben Maßnahmen gegen Racial Profiling vorgestellt. 
  • Einige Bundesländer haben eigene Schritte gegen Racial Profiling unternommen.
  • Jedoch muss in Deutschland noch mehr Aufmerksamkeit auf das Thema fokussiert werden, dabei sollen Studien zum Thema Rassismus und Racial Profiling helfen.

Was ist Racial Profiling?

Bis zum heutigen Tag gibt es in der deutschen Rechtssprechung keine rechtsverbindliche Definition und somit auch kein gesetzliches Verbot von Racial Profiling. Es gibt eine Vielzahl an Definitionen, die versuchen den Begriff fassbar zu machen. Generell kann man zwischen einer weiten und einer engen Definition unterscheiden. Ein Beispiel für eine weite Definition wäre der europäische Arbeitsbegriff von Racial Profiling:
 

[…] Polizeikontrollen, die ausschließlich oder vorwiegend aufgrund der persönlichen Merkmale einer Person und nicht aufgrund ihres Verhalten[s] erfolgen […].”

Eine engere Definition wäre der Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) von 2020:

„[…] polizeiliche Maßnahmen wie Kontrollen, Überwachungen oder Ermittlungen zu verstehen, bei denen die Polizei den Fokus in unzulässiger Weise auf physische Merkmale wie Hautfarbe, die Sprache, tatsächliche oder vermeintliche Herkunft oder Religionszugehörigkeit der betroffenen Menschen richtet.“

Die Bundeszentrale für Politische Bildung (Bpb) definiert Racial Profiling so:

“Racial Profiling (rassistische Profilerstellung, auch “Ethnic Profiling” genannt) bezeichnet polizeiliche Maßnahmen und Maßnahmen von anderen Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamt_innen, wie Identitätskontrollen, Befragungen, Überwachungen, Dursuchungen oder auch Verhaftungen, die nicht auf einer konkreten Verdachtsgrundlage oder Gefahr (etwa dem Verhalten einer Person oder Gruppe) erfolgen, sondern allein aufgrund von (“äußeren”) rassifizierten oder ethnisierten Merkmalen – insbesondere Hautfarbe oder (vermutete) Religionszugehörigkeit –. Oft sind hier auch Verschränkungen mit weiteren Ungleichheitsdimensionen wie Geschlecht, sozio-ökonomischem Status, legalem Status, Sexualität, Behinderung, Sprache und Lebensalter zu verzeichnen.”

Zusammenfassend bezeichnet Racial Profiling eine diskriminierende behördliche Maßnahme, die in irgendeiner Weise an die sichtbaren Merkmale einer Person anknüpft.

Wie ist die Rechtslage?

Da es keine rechtliche Definition von Racial Profiling gibt, ist die Beurteilung der Rechtslage kompliziert. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll vor der Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft schützen, jedoch schützt dieses Gesetz nicht vor diskriminierenden Verhalten von staatlichen Stellen. Die Polizei ist allerdings immer an die Grundrechte gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG) im Kontext von Racial Profiling ist der Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 3 GG) anzuwenden. Dieser besagt, dass niemand wegen seiner “Rasse” benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Neben dem Grundgesetz greift auch das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

In der Realität ist es jedoch oft nicht so einfach diese Diskriminierung auch eindeutig zu beweisen. Die Polizei und andere staatliche Stellen dürfen Kontrollen zum Schutz des Gemeinwohls durchführen es liegt damit bei den Gerichten zu prüfen, ob die jeweilige Maßnahme gerechtfertigt war. Es handelt sich somit um einen Konflikt zwischen den Ermächtigungsgrundlagen der Polizei und deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Im Zuge dieser Praxis haben Gerichte in der Vergangenheit entschieden, dass “Rasse” nicht als Auswahlentscheidung bei Kontrollen ausreiche. Solange es jedoch keine rechtliche Definition von Racial Profiling gibt, bleibt die rechtliche Lage kompliziert.

Was sind die Maßnahmen der Bundesrepublik?

Die ehemalige Bundesregierung hat im Jahr 2020 im Rahmen der UN-Rassendiskriminierungskonvention ICERD verschiedene Maßnahmen vorgestellt. Unter den vorgestellten Maßnahmen war eine Sensibilisierung für das Thema im Rahmen der Polizeiausbildung sowie Fortbildungen, des Weiteren soll es mehrere interne und externe Beschwerdemöglichkeiten geben. Im neuen Koalitionsvertrag 2021 – 2025 wurde die Einführung eines unabhängigen Polizeibeauftragten vereinbart. 

Der zentrale Vorschlag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf staatliches Handeln. Außerdem soll eine Studie zum Thema Racial Profiling sowie institutionellem Rassismus durchgeführt werden. 

Bundesländer wie Bremen und Berlin haben seit 2021 eingeführt, dass nach polizeilichen Personenkontrollen eine Bescheinigung über die Kontrolle und ihren Grund ausgehändigt werden muss.  

Deutscher Bundestag (2021): Einzelfragen zu „Racial Profiling“ und zur „Ausländerkriminalität”, WD 7 – 3000 – 108/21, S. 6, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/878190/bd8f94fd344747a843074a3dae23139e/WD-7-108-21-pdf-data.pdf.

FRA, EU-MIDIS II-Studie (Fußnote 16), S. 18.

Bpb (27.04.2020), “Racial Profiling”, institutioneller Rassismus und Interventionsmöglichkeiten, abrufbar unter:
https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/migration-und-sicherheit/308350/racial-profiling-institutioneller-rassismus-und-interventionsmoeglichkeiten/#footnote-target-4

DIMR (2020): „Racial Profiling“: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen – Zum Verbot rassistischer Diskriminierung, S. 4, abrufbar unter: https://www.institut-fuer- menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Stellungnahmen/Stellungnahme_Racial_Profiling_Bun d_Laender_muessen_polizeil_Praxis_ueberpruefen.pdf.

Graulich, Kurt (2021) in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Auflage, Kapitel G. Randnummer 236.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. April 2016, Aktenzeichen: 7 A 11108/14 und Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. August 2018, Aktenzeichen: 5 A 294/16.

 Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP), „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, Stand: 24. November 2021, S. 104, abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf.

DIMR, Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Juli 2020 – Juni 2021 – Bericht an den Deutschen Bundestag gemäß § 2 Absatz 5 DIMRG, Dezember 2021, S. 42 ff., abrufbar unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Menschenrechtsbericht/Menschenrechtsbericht_2021.pdf.

Polizei Bremen, „Personenkontrolle an besonderen Kontrollorten“, abrufbar unter: https://www.polizei.bremen.de/dienststellen/personenkontrollen-46824 und DIE LINKE Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, „Heute in der Innendeputation: Mit Kontrollquittungen gegen „Racial Profiling““, Artikel vom 9. September 2021, abrufbar unter: https://www.linksfraktion-bremen.de/buergerschaft/aktuelles/detail-neu/news/heute-in-der-innendeputation-mit-kontrollquittungen-gegen-racial-profiling/.

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